Wittlich: „Ausgewogen und fair gegenüber allen Seiten“ sei das vom Emil-Frank-Institut veranstaltete Seminar „Kein Frieden im Nahen Osten? Der Nahostkonflikt: Ursachen, Geschichte, Akteure“ gewesen, befanden abschließend die Teilnehmer. Obwohl das Seminar unter Leitung von Marcus Alebrand, Dipl. päd., als Einstieg für Interessierte ohne Vorkenntnisse über die verworrenen Zusammenhänge im Nahen Osten gedacht war, wurde es auch von gut informierten Bürgern aus Wittlich besucht, die ihr Wissen vertiefen wollten.

So fanden rege Diskussionen statt, die trotz unterschiedlicher Ansichten der Beteiligten für alle fruchtbar waren. Mit Begeisterung wurde von einigen Teilnehmenden der in der Bibliothek des Emil-Frank-Instituts eingerichtete Literaturapparat zum Thema genutzt.

Da ein Seminar über die Krisen im Nahen Osten die Gefahr der Parteilichkeit birgt, beschränkte die Veranstaltung sich auf eine Darstellung der Konflikte von ihren Wurzeln im ausgehenden 19. Jahrhundert bis zu den ersten umfassenden Versuchen einer Friedenslösung in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts. So wurde weitgehend eine unnötige Schärfe aus der Diskussion genommen, wie sie infolge des Gazakrieges und der umstrittenen Regierungsbildung in Israel vor Kurzem in der deutschen Blogsphäre vorherrschte.

Auch die Darstellung historischer Ereignisse verläuft nicht immer ohne Zorn und Eifer, weshalb darauf wert gelegt wurde, in den Interpretationen der Kriege und Krisen Israels und seiner arabischen Nachbarschaft unterschiedliche Perspektiven aufzuzeigen. Dieses von den Teilnehmern begrüßte Vorgehen schärfte ihren Blick für die verschiedenen Deutungen des Konflikts innerhalb Israels, innerhalb der jüdischen Diasporagemeinden und innerhalb der gesamten demokratischen Öffentlichkeit.

Durch diese Vielfalt der Positionen wurde bald ersichtlich, dass es sich bei Israel keinesfalls um einen monolithischen Block handelt. Wie in jeder modernen Demokratie muss Israels Politik den Wünschen verschiedener Einflussgruppen Rechnung tragen, zu denen Friedensbewegte ebenso gehören wie säkulare Zionisten, nationalreligiöse Siedler ebenso wie Orthodoxe, denen jede nationalistische Ideologie fremd ist. Im Seminar konnte dadurch angeschnitten werden, welche dieser Gruppierungen eine Lösung des Nahostkonflikts erschweren und welche zu Fortschritten auf dem Weg zum Frieden beitragen können.

Doch nicht nur unterschiedliche Strömungen in Israel konnten anhand der Krisen- und Kriegsgeschichte gegenübergestellt werden, sondern auch die sehr unterschiedlichen Motivationen, Zielsetzungen und Methoden seiner verschiedenen Gegner. Stand Israel zu Gründungszeiten beispielsweise Staaten mit panarabischer Zielsetzung gegenüber, die ein einheitliches Arabien unter ägyptischer Führung schaffen wollten, so dominierte den Konflikt in den 70er und 80er Jahren die nichtstaatliche Fatah unter der Führung von Arafat, die zum Ziel hatte, eine unabhängige palästinensische Nation zu gründen. Sowohl mit den meisten arabischen Staaten als auch mit der Fatah konnte Israel aufgrund einer Mäßigung der offiziellen Positionen in Verhandlungen treten.

Die Darstellung der konfliktreichen Geschichte Israels im Seminar endete mit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts, in denen der Osloer Friedensprozess scheiterte. So blieb noch Raum für eine Diskussion der Seminarteilnehmer über das nicht unproblematische Verhältnis zwischen Deutschland und Israel.