Überraschender Besuch im Emil-Frank-Institut: Sportreporter Jeré Longman und Fotograph Ian Willms von der New York Times arbeiteten an einer Reportage über jüdische und israelische Profisportler in deutschen Clubs. Hauptfigur in ihrem ausführlichen Bericht ist Evan Kaufmann, der seit zwei Jahren sehr erfolgreich in der Deutschen Eishockeyliga bei der Düsseldorfer EG spielt. Daher hielten sich die Reporter auch zur Recherche in Wittlich auf, schließlich handelt es sich bei Evan um den Enkel des Wittlicher Juden Kurt Kaufmann.

Dieser wohnte bis 1939 im Elternhaus in der Tiergartenstrasse und ist einer von drei Wittlicher Überlebenden der Konzentrationslager. Zusammen mit seiner Schwester Ilse, die ebenfalls – allerdings schwer gezeichnet – überlebt hatte, hielt er sich nach dem Krieg nochmals in Wittlich auf, bevor beide 1948 in die USA emigrierten. Er war es im Übrigen, der nach dem Novemberpogrom 1938 das heute in der Synagoge ausgestellte Fragment einer der Wittlicher Torarollen gerettet und in der Werkstatt seines Vaters versteckt hatte. Seine Söhne Farley und Allen Kaufmann sowie der Enkel Evan waren inzwischen wiederholt zu Gast im Emil-Frank-Institut in Wittlich.

Aufgrund seiner Wittlicher Herkunft bekam Evan Kaufmann inzwischen die Deutsche Staatsbürgerschaft verliehen und ist damit berechtigt, für die deutsche Eishockeynationalmannschaft aufzulaufen. Demnächst wird er bei einem Turnier in Weissrussland sein erstes Länderspiel bestreiten, weshalb gerade jetzt Jere Longman von der New York Times auf ihn aufmerksam wurde. Über Wittlich schreibt er in seinem am 19. Februar in der New York Times erschienen Artikel:

"Im Archiv des Emil-Frank-Instituts wird ein Foto aufbewahrt, das Evan Kaufmanns Großvater Kurt zeigt, lächelnd und mit einer Krone auf dem Kopf. Auch seine Schwester Ilse neben ihm trägt eine ausgefallene Verkleidung zum Purimfest. Doch diese glücklichen Kindheitserlebnissen waren mit dem Anwachsen der antijüdischen Maßnahmen für immer dahin. [...] In einem nach Kriegsende verfassten Brief schildert Kaufmann, dass er sein Überleben Rüben und Kartoffelschalen verdankte. Nach seiner Befreiung fand er seine Schwester Ilse in einem Berliner Hospital, später emigrierten sie in die USA. Auch mit zunehmendem Alter suchten ihn Alpträume heim und die seelischen Wunden verheilten nie, jedoch fühlte er keinen Groll gegen Deutschland und die Deutschen, erklärt Farley Kaufmann, Kurts Sohn und Evans Vater. Er trank weiterhin Wein aus dem Lieser- und Moseltal und starb 68-Jährig im Jahre 1990, als er plante erstmals wieder Wittlich zu besuchen. Es ist ein Platz wie viele andere, wo der Familie Kaufmann alles genommen wurde. Aber inzwischen ist auch die Erinnerung hier zuhause. Der jüdische Friedhof wird gepflegt und ein Institut unterstützt. Die säkularisierte Synagoge wurde renoviert und als Museum und Kulturstätte eingerichtet. Ausgestellt ist dort auch ein Torafragment, welches Kurt retten konnte..."