Gedenken an die Reichspogromnacht 1938

Mahnwache, Kranzniederlegung und Konzert zum Gedenken an die Nacht des Unrechts vor 76 Jahren

Rund 100 Wittlicher gedachten am 09. November auf dem Markplatz der Opfer der „Reichskristallnacht“ in Wittlich. Die Schweigestunde wurde von kurzen Lesungen aus den Zeitungen der Jahre 1935 und 1936 unterbrochen, in denen die „Rassenschande“ thematisiert wurde; perverse und menschen-verachtende Inhalte, die man heute kaum noch dem 20. Jahrhundert zuordnen mag.

Wie in jedem Jahr engagierten sich auch 2014 der Arbeitskreis Jüdische Gemeinde Wittlich, das Emil-Frank-Institut und das Kulturamt der Stadt Wittlich für die Aufrechterhaltung der Erinnerung an die Reichspogromnacht von 1938.

 

Nach der einstündigen Mahnwache gingen die Teilnehmer schweigend gemeinsam zur Synagoge, wo Bürgermeister Joachim Rodenkirch einen Kranz am Mahnmal für die ermordeten Wittlicher Juden nieder-legte.

In der Synagoge folgte anschließend das Konzert „Es iz geven a Zumertog“ (Es war an einem Sommertag) mit Roswitha Dasch, Geige und Gesang sowie Ulriche Raue, Klavier und Texte.

Die aus Nordrhein-Westfalen angereisten Künstler gestalteten ein Konzert in Gedenken an die Ermordung der Juden Litauens, das „unter die Haut ging“. Eindringlich die Worte, bewegend die jiddische Sprache und sensibel malend jeder Ton.

Während der Aufstand im Warschauer Ghetto vielen Menschen ein Begriff ist, weiß man über das Ghetto von Wilna nur sehr wenig. Wilna aber wurde einmal das Jerusalem Litauens genannt. Bis zur Zerstörung im Zweiten Weltkrieg galt die Stadt als religiöses und literarisches Zentrum der jüdischen Kultur. Am 6. September 1941 wurde die jüdische Bevölkerung von Nationalsozialisten in ein Ghetto gesperrt. Zwei Jahre später, am 23. September 1943, wurde das Wilnaer Ghetto liquidiert.

Die Musikerin Roswitha Dasch bereiste Litauen, lernte Zeitzeugen kennen und entwickelte gemeinsam mit Ulrich Raue eine Text-Musil-Collage, die anhand von Zeitzeugenberichten, wichtigen historischen Ereignissen und vor allem durch jiddische Lieder die Lebenssituation der jüdischen Bevölkerung im Wilnaer Ghetto in den Jahren 1941 bis 1943 dem Zuhörer auf eine sehr eindringliche Art näher bringt.

Diese Lieder wurden von jüdischen Komponisten und Dichtern im Ghetto verfasst und von Ulrich Raue für die Besetzung Gesang, Violine und Klavier arrangiert. Musik, die den Menschen im Ghetto in aller Angst und Verzweiflung ein wenig Mut und Hoffnung gab.

Ein Abend, der nachdenklich stimmte, das Unfassbare schilderte und die Zuhörer berührte und mahnte.

Trotz allem Jubel über das 25jährige Jubiläum des Mauerfalls am 9. November steht die Trauer über die Grauen des Jahres 1938 immer für diesen Tag in Deutschland.

Bilder: W. Pelm, K. Wahl